Mittwoch, 26. September 2012

Was nun?

Es ist fast genau vier Monate her, da habe ich hier mit der Beschreibung unseres Huf Haus Grundrisses angefangen. Und es wird nicht mehr lange dauern, dann habe ich ich es wirklich geschafft und immerhin die erste Etage voll beschrieben. Nur noch ein Zimmer.

Was haelt mich also auf? Das eine Zimmer schaffen wir auch noch. Und dann koennen wir endlich den Wohnkeller verlassen und uns den anderen Etagen widmen. Gibt ja deren noch zwei. Die Beschreibung dieser Etagen sollte dann auch etwas schneller gehen, es gibt da ja weniger Zimmer und diese sind bei weitem auch nicht so interessant. Was ist schon eine Kueche gegen eine Harley Ecke oder ein Heimkino mit Flugsimulator. Vier Monate pro Stockwerk, da wohn ich ja vielleicht ehr im Haus, als das dieser Blog hier fertig ist.

Schreibe ich also heute ueber dieses geheimnisvolle letzte Zimmer im Keller und hole etwas auf in meinem Blogverzug?

Die Antwort ist: Nein!

Ich schiebe das aus gegebenen Anlass doch noch etwas auf.

Es gibt manchmal Tage, an denen mir wirklich gar nicht zum Schreiben zumute ist. Und ein solcher Tag haelt bei mir jetzt seit fast zwei Wochen an.
OK, werden manche sagen, offensichtlich schreibe ich ja jetzt wieder, ist die Blockage also vorbei. Denen muss ich aber leider sagen, dass heute wohl nicht im gleichen Stil der letzten Beitraege weiter berichtet wird. Heute schreibe gar nicht ich, heute schreibt der Frust.

Was ist passiert? Sicherlich nicht hilfreich ist, dass in den vier Monaten seit dem Beginn der Beschreibung des Wohnkellers noch nicht einmal das Loch in der Erde vorhanden ist, in das dieser Wohnkeller einmal hinein soll. Aber das ist nicht der Grund. Das wusste ich ja schon vor vier Monaten, dass sich hier noch auf unabsehbare Zeit nicht viel bewegen wird. Deswegen ja auch die Idee mit dem langatmigen Beschreiben des Grundrisses, irgendwie muss der Blog ja auch einen Inhalt bekommen.

Inzwischen gab es ja auch sogar ein paar Highlights, die auf eine baldige Beendigung dieses Schlummerzustandes hinweisen. Schliesslich sind ja mit der Baugenehmigung und dem deutschen Arbeitsvertrag zwei Schluesseldokumente hier angekommen, die den weiteren Projektfortschritt um einiges beschleunigen sollten. Warum also jetzt doch Frust?

Spulen wir nochmal zu den Anfaengen des Blogs zurueck. In einem meiner ersten Beitraege hatte ich da mal ueber die vier Probleme philosphiert, die man beim Bauen loesen muss.
  • Das Bauland
  • Eine Baufirma
  • Eine Baugenehmigung
  • Geld
Inzwischen sind drei dieser Probleme aus der Welt. Das Bauland war ja eigentlich gar kein Problem sondern der Ausloeser fuer alles was danach passierte. Wenn ich so lese, wie lange andere Bauherren nach dem geeigneten Stueck Land gesucht haben, da kann ich fuer uns nur sagen, Glueck gehabt. Ich gebe ja zu, dass es sich bei uns nicht um eine Gegend Deutschlands handelt, in der Grundstuecke als heisse Spekulationsware gehandelt werden. Das Grundstueck, welches wir als unser Traumland gefunden hatten, wuerde bei vielen Bauherren, die ihre eigenen Kriterien ansetzen, eher glatt durchfallen. Eine schoene Aussicht ist eben nicht alles. Aber wir sind immer noch super gluecklich mit den kleinen Stueck Land, welches vielleicht bals unser Haus tragen wird.

Den Weg zur Findung der Baufirma hatte ich auch schon ausfuehrlich beschrieben. Dass wir am Ende bei Huf gelandet sind, kann man im Titel des Blogs ja schon lesen. Gruende dafuer gab es viele und bisher bereuen wir diese Entscheidung auch kein bisschen. Gebaut wurde zwar noch nichts, aber was wir bis hier fuer eine Betreuung hatten und die Art und Weise, wie wir durch die Planungsphase geleitet wurden, nicht ein einziger Grund zur Beanstandung. Gekroent wurde diese Planungsphase dann mit der Erteilung der Baugenehmigung.

Ein Huf Haus in Waltersdorf, trotz Gestaltungssatzung und Biotop. Das muss man erstmal hinbekommen. Zwei andere Baufirmen, mit denen wir in der ganz fruehen Phase unseres Projektes zu tun hatten, haetten sich nicht einmal getraut, einen solchen Antrag einzureichen. "Das kriegen Sie eh nicht genehmigt, das plane ich gar nicht erst" - diesen Kommentar gab es von der einen Firma. Und bei der anderen habe ich es immerhin mal geschafft, die Huf Haus Webseite aufzurufen, um damit bildhaft den gewuenschten Stil zu beschreiben. Das hat fuer einiges an Heiterkeit im Buero gesorgt, so naiv kann doch keiner sein, sich so ein Haus bei der Gestaltungssatzung auch nur ansatzweise zu wuenschen. "Das schlagen Sie sich mal gleich aus dem Kopf".

Jetzt habe ich aber die Baugenehmigung. Es musste zwar ein paar Aenderungen an dem Huf Art 3 Standardhaus geben, aber der Stil des Huf Hauses wurde komplett gerettet und, so finde ich, sogar neu definiert. Wer hat denn schon einmal ein Huf Haus mit 45 Grad Dachneigung gesehen? Oder eines mit Schieferdach? Wir kriegen beides! Wer lacht jetzt hier noch?
Hatte ich mich hier im Blog eigentlich schonmal bei meinem Architekten dafuer bedankt? Falls nein, dann sei das hier doppelt und dreifach nachgeholt. Klasse Job.

Also eigentlich viele Gruende zur Freude, wenn nicht doch noch ein Problem aus der obigen Liste ausstehen wuerde. Wenn man die Liste oben nochmal kurz durchgeht, dann steht da als vierter und letzter Eintrag "Geld". Warum steht dort nicht "Deutscher Arbeitsvertrag", dann waere doch alles paletti ? Hatte ich denn nicht schon beim Eintreffen des deutschen Arbeitsvertrages meine geliebte Whiskyflasche hervorgeholt und den Meilenstein gefeiert? Was fuer ein Missverstaendnis meiner Lage!

Fuer diejenigen unter Euch, die den Beitrag "Peanuts" aus dem Monat Februar noch nicht gelesen haben oder sich vielleicht nicht mehr erinnern, hier nochmal die kurze Zusammenfassung des damaligen Inhaltes. Keine Sorge, das wird jetzt kein langer Text, eigentlich ist fuer den heutigen Beitrag nur wichtig, dass dort damals unterstellt wurde, dass es zwei grundsaetzlich verschiedene Typen Banken bei der Hausfinanzierung gibt. Die eine Bank moechte gerne ein moeglichst wertvolles und gut verkaufbares Haus als Sicherheit. Und der anderen Bank reicht eine gute Bonitaet des Kunden, ausreichend Eigenkapital und ein Nettoeinkommen, bei dem die zukuenftige Monatsrate weit weniger als 50% verzehren wird. Der ersten Sorte Bank ist ein deutscher Arbeitsvertrag recht schnurz, fuer die andere ist er das entscheidende Kriterium.

Der Beitrag "Peanuts" beschreibt ausfuehrlich, dass ein Huf Haus in der Oberlausitz fuer die erste Sorte Bank ungefaehr so fehl am Platz ist, wie ein Dekra Pruefer beim Harley Treffen und deshalb fuer eine moegliche Finanzierung unseres kleinen Haeuschens nicht in Frage kommt. Aber es gibt ja noch die andere Sorte Bank, somit war fuer mich das Eintreffen des deutschen Arbeitsvertrages der Schluessel in die Welt der Hausfinanzierung. Grund genug fuer einen Whisky.

Sollte der Herr Hufhausverkaeufer ruhig recht behalten, der damals glaubte, dass ein Bauherr in meinem Alter und mit meinem Finanzierungswunsch (immerhin 30% Eigenkapital und ein bereits bezahltes Grundstueck) ein Traumkunde jeder Bank sein sollte. Und hatte nicht die beauftragte Finanzberatung, die nach Uebersendung meines Vetrages alle Eckdaten in das Internet-Antragsformular einer bekannten Direktbank hineingeklimpert hatte, sofort eine gruene Ampel als Ergebnis des Online-Checks? Im Online Check war auch schon eine Schufa Abfrage enthalten, mein Schufa E-mail Alarm hat mir das sofort gepetzt.

Warum nur, um alles in der Welt, wurde mein Finanzierungsantrag bei dieser Bank nun doch final abgelehnt? Ist die Welt denn nicht schwarz oder weiss? Packen wir mal alle Banken, die nur auf den Hauswert gucken, auf die schwarze Seite, dann bleiben doch nur noch weisse Banken. Und nun scheint es auf einmal auch graue zu geben. Also solche, die zuerst behaupten, dass eine gute Bonitaet des Kunden ausreicht, dann aber trotzdem aufgrund der Hausbewertung unruhig werden und den Rueckzieher machen.

Ich will hier nicht den ganzen Beitrag "Peanuts" wiederholen, schon damals habe ich mich herrlich dareuber geaergert, dass man unser schoenes Huf Haus mit Haeusern vergleicht, die dem unsrigen im Bezug auf Design, Ausstattung, Modernitaet und Exklusivitaet nicht einmal annaehernd an die Guertellinie reichen. Das muss doch eine Bank auch einsehen.

Oder liegt es an mir als Bankkunde? Ich hatte in meinem Leben erst einen Kredit, den habe ich damals beim Autokauf benutzt, um im Autohaus als Barzahler auftreten zu koennen und einen fetten Rabatt einzukassieren. Diesen Kredit habe ich immer schoen ordentlich per Bankeinzug bezahlt und nach vier Jahren war das Thema durch. OK, mein Dispokredit sieht manchmal das untere Limit, das liegt aber daran, dass auf dem deutschen Konto kein regelmaessiges Einkommen verbucht wird und eine Ueberweisung aus England immer ueber 20 Euro Gebuehren kostet. Aber ansonsten bin ich wirklich ein ganz ordentlicher Schuldner.

Wie geht es nun weiter? Gibt es vielleicht gar keine weissen Ritter mehr, also Banken, die auch zu Kunden halten, die etwas mehr investieren wollen als der Durchschnitt der Region? Banken, die ihre Kreditentscheidung wenigstens zum Teil auf einem gewissen Vertrauensvorschuss basieren lassen. Im Zweifel fuer den Kunden, das mag uebertrieben klingen, aber sind neben genialen Architekten nicht auch risikobereite Finanzierer verantwortlich zu zeichnen fuer die schoensten und meist bewunderten Bauwerke der Welt? Und wieviel Prozent Eigenkapital hatten die wohl damals?

Vielleicht wird es unser Huf Haus ja nicht in diese Liga schaffen, aber mit einer Seite im 2014 Huf Kalender rechne ich ganz fest. Doch das laesst die heutigen Banken wohl eher kalt. Die noch nicht ausgestandene Immobilien- und Eurokrise und wohl auch gewisse Erfahrungen mit den Herrn Dr. Schneiders dieser Welt haben die Banken vielleicht wirklich so risikoscheu werden lassen, dass sich schon jetzt schoene Haeuser nur noch in den Speckguerteln betuchter Grosstaedte finanzieren lassen. Es wird ja viel geschrieben, dass der Trend wieder dahin geht, dass die Leute in die Staedte zurueckziehen, dass die durchschnittliche Groesse der Baugrundstuecke zurueckgeht. Huf hat auf diesen Trend auch mit dem neuen Bautyp "Art 2" reagiert, ich im Gegensatz war noch nie ein Freund von Trends. Und folgerichtig werde ich auch diesen Trend auslassen, wenn irgendwie moeglich.

Aber all das beantwortet leider nicht die Frage, wie es denn hier wirklich weitergehen soll. Auch wenn wir drei der vier Probleme oben genannter Liste loesen konnten, so ist doch jedes dieser Probleme ein Showstopper und bringt das ganze wackelige Projekt zum Einsturz. Wird dieser Blog bald seine erste Namensaenderung erfahren und dann  "(K)ein Hufhaus fuer die Oberlausitz" heissen?

Wenn ich ehrlich bin, habe ich wirklich keinen Plan B. Zu sicher war das Gefuehl, dass ein Arbeitsvertrag gleichbedeutend mit einem Darlehensvertrag ist. Zu sehr habe ich mir die Vorteile der Oberlausitz schoen geredet und dabei das fuer die Banken wohl viel bedeutendere Kriterium der Strukturschwaeche ausgeblendet. Die Oberlausitz mag nach meiner Rechnung im Herzen Europas liegen, das macht sie aber leider nicht zur besonders finanzierungswuerdigen Hausbauregion.

Gewisse Entscheidungen sind bereits gefallen, die nicht mehr so leicht umkehrbar sind. Der deutsche Arbeitsvertrag ist unterschrieben, Geldanlagen wurden ohne Ruecksicht auf Verluste aufgeloest, bedeutende und mit Sicherheit nicht rueckforderbare Zahlungen an Huf Haus und andere Firmen sind bereits geleistet. Wir haben sogar schon die ersten Angebote von Umzugsfirmen, haben eine Uebergangswohnung gefunden und einen Lagerplatz fuer die Moebel organisiert. Und nun sitzen wir da und wissen nicht, wo wir wohl in einem Jahr wohnen werden. Da hab ich ja was schoenes angerichtet.

Aber ich werde hier nicht in Selbstmitleid verfallen. Keiner hat uns zu dieser Entscheidung gezwungen und bisher lief ja eigentlich auch alles recht vielversprechend. Langsam war alles und auch mit Sicherheit nicht geradlinig, das stimmt schon... aber immer ging es doch irgendwie weiter. Vielleicht koennen wir auch dieses eine Mal noch auf eine Kehrtwende hoffen? Es gibt ja noch ein paar Banken, bei denen die Entscheidung noch aussteht.

Es gibt in jedem Leben Situationen, die nach einer ausweglosen Lage aussehen oder zutiefst traurig und bedauernswert sind. Solche Ereignisse sind manchmal groesserer und manchmal kleinerer Natur. Manche halten nur einen Augenblick an, wenige Tage vielleicht, wie zum Beispiel das Nichtbestehen einer Pruefung oder ein leichter Unfall. Manche Schicksale halten den Betroffenen fuer Wochen, Monate oder sogar Jahre im Griff - und in einigen Faellen muss man sich irgendwann mit der neuen Situation abfinden und arrangieren, weil nur so wenigstens ein Stueck Normalitaet ins Leben zurueckkehren kann. Wer die Uebertragungen der Paralympics im Fernsehen gesehen hat, der kann sich vielleicht ein klein wenig vorstellen, was ich hier meine.

Verglichen mit solchen und anderen Schicksalen ist unser derzeitiges Problem doch wirklich unbdeutend und klein. Stoerend ist es zwar, aber es wird schon irgendwie weitergehen. Ich will da eigentlich auch gar nichts mehr drueber schreiben, viel wichtiger ist mir jetzt, dass ich auf diesem Weg viele Gruesse und die besten Genesungswuensche in ein Krankenhaus irgendwo in Berlin oder Brandenburg schicke, in dem gerade eine Person, die uns auf dem bisherigen Weg so gut und umfassend beraten und betreut hat, ganz andere Sorgen hat. Vielleicht koennen Sie das hier irgendwann einmal lesen, vielleicht auf dem neuen iPad, der bald als Geschenk Ihrer Kollegen bei Ihnen landen wird. Auch wenn wir uns nie persoenlich getroffen haben, so druecken wir doch alle Daumen, dass sich bei Ihrer Behandlung schon bald erste Erfolge messen lassen.

Und vielleicht koennen Sie dann auch irgendwann einmal lesen, dass diese dumme Bankgeschichte endlich ausgestanden ist und wir aufgrund Ihrer Beratung und Hilfe am Ende doch zu einer Finanzierung und damit zu einem Haus gekommen sind. Viele Gruesse und nochmals Gute Besserung wuenscht Ihnen aus dem fernen England ... Ihr Huf Haus Blogger

Samstag, 15. September 2012

Woran man merkt, dass man aelter wird

Heute werde ich also etwas philosphisch. Befinde ich mich ja gerade in einem Alter, was man durchaus so langsam als die Mitte des Lebens bezeichnen sollte. Aber ist das gleichzusetzen mit Alt? Deswegen hier heute mal die Frage verbunden mit ein paar moeglichen Antworten.

Um auf diese Frage eine Antwort zu finden moechte ich aber jegliche Ueberlegungen die in die Richtung der vielen koerperlichen Gebrechen gehen, gleich mal ausschliessen. Wenn die Arme nicht mehr lang genug sind, um die Zeitung zu lesen oder wenn man sich beim Schuhe zubinden fragt, was mich nicht gleich noch so erledigen koennte, wenn man schonmal unten ist, dann ist man ueber den ersten Zeitpunkt, in dem man sich bewusst wurde, dass man nicht ewig jung bleiben wird, ja eh schon lange hinaus. Es geht mir also um diesen allerersten Zeitpunkt, den ich hier suche.

Es gab da mal so ein Ketten-Email in dem viele Punkte aufgefuehrt wurden, die einem zeigen sollen, dass man alt ist. Und auch das hat mir nicht geholfen, beschreibt das Alt sein ja einen Zustand und ich suche nach einem Zeitpunkt. Ausserdem haette der Text mal dringend eine Ueberarbeitung noetig, denn jemand der sich noch an den Kanzler vor Helmut Kohl erinnern kann, der ist sogar schon im Lebensabschnitt nach alt, wuerde ich sagen. Und als bekennender Ossi, der die sich in den Siebzigern fuer alles moegliche inklusive Schnuller und Tooth-Fairy interessiert hat, kann ich diesen Indiz fuer das Alt sein also ausschliessen. Das mit der Tooth Fairy kommt im Alter ja noch einmal, oder? Vielleicht kenn ich dann den jeweiligen Kanzler, kann mich aber wohl nicht mehr an seinen Namen erinnern.

Folge ich dem Text weiter, ich weiss zum Beispiel, dass Twix mal Raider hiessen, das ist doch noch nicht lange her, bin ich aber vielleicht doch schon alt. Aber wie schon gesagt, das wollte ich ja eigentlich nicht wissen. Ich will lieber versuchen, den Zeitpunkt in der Vergangenheit auszumachen, an dem mir bewusst wurde, dass das Alt sein jetzt begonnen hat. Das kann doch nicht so schwer sein.

Wie auf die meisten Fragen, hat auch hier das Internet die meisten Antworten. Wobei man hier oft auf Listen stoesst, die die Frage nach dem Aelter- mit der Frage des Erwachsenwerdens vertauschen. Die erste eigene Wohnung oder der erste richtige Job sind zweifellos Teil des Erwachsenwerdens, aber alt ist man zu so einem Zeitpunkt ja noch nicht. Und Indizien ob man auf einem Rockfestival auffallen wuerde sind mir auch egal.

Vielleicht ist es ja wirklich gar nicht moeglich, einen solchen Moment genau zu bestimmen und das Ganze ist eher so ein schleichender Uebergang. Aber bevor ich das akzeptieren wuerde, suche ich noch etwas weiter.

Stelle ich doch einfach mal eine Behauptung auf. Man wird alt ab dem Tag, an dem Eltern in einem Restaurant nicht mehr automatisch fuer uns bezahlen. Das ist wohl auch doch eher ein Indiz fuers Erwachsenwerden, ich mache also den gleichen Fehler wie diese Internetlisten. Ok neuer Versuch.

Alt ist man ab dem Tag, an dem einen Fussballspieler oder Popstars wie kleine Kinder vorkommen. Das passt doch gut. Schliesslich sind die meisten dieser Stars ja auch erwachsen, also mehr oder weniger. Und wenn man die trotzdem als Kinder empfindet, dann ist man doch ganz sicher alt. Dumm nur, dass sich eine Fussballerkarriere ueber so viele Jahre erstrecken kann, es also Fussballer in allen moeglichen Altersklassen gibt. Bis vor kurzem hat in der englischen Nationalmannschaft noch ein gewisser Ryan Giggs gespielt, und der ist in meinem Alter. Bei Olympia 2012 in London ging er gerade erst zum aelteste Torschuetze in die Turniergeschichte ein.

Popstars, die sich weit in der zweiten Lebenshaelfte befinden, gibt es auch genug. Wenn es also mit dem Alt sein warte, bis ich diesen Personenkreis als kleine Kinder empfinde, dann koennte ich das Alt sein am Ende vielleicht sogar noch verpassen. Klar gibt es schon den einen oder anderen Vertreter dieser beiden Berufsgruppen, die mir wie kleine Kinder vorkommen, aber zum Alt fuehlen hat es da bisher bei mir nicht gereicht.

Die Musiker von heute tangieren mich einfach zuwenig. Der Tag, an dem ich realisieren musste, dass ich keinen einzigen Titel der Top 10 mit Sicherheit benennen koennte, ist schon eine Weile her. In einem Londoner Kaufhaus wurde ich einmal weggeschoben, wegen irgendeinem Star, der hier gerade einkauft. Auf meine Frage, wer das denn ist, wurde ich fast ausgelacht. Ein gewisser Neyo, ganz sicher habe ich den Namen jetzt auch noch falsch geschrieben. Aber das ist mir sowas von egal. Den Namen hatte ich bis dahin wirklich nie gehoert. Musikgeschmaecker sind ja auch verschieden und wer mit Mitte 20 noch die Charts kennt, der sollte sich vielleicht doch langsam mal darueber Gedanken machen, ob er sich altersgerecht verhaelt.

Der letzte Satz klang jetzt aber schon ganz schoen alt, oder? Habe ich den gesuchten Zeitpunkt also doch schon ueberschritten und ich sollte mich zu den Alten zaehlen?

OK, ich gebe auf, ich scheine mich wirklich jenseits diesen Zeitpunkts zu befinden. Es ist dann wohl doch nicht so, dass es einen einzelnen Zeitpunkt gibt, an dem das Alt sein anfaengt. Alle oben genannten Punkte sind solche Zeitpunkte - und alle liegen bei mir in der Vergangenheit. Und letzten Monat kam noch einer dazu.

Ich war mit meiner Tochter im Kino und auf dem Weg in den Saal mit der "Sonntag Morgen Kind mit Eltern" Vorstellung lief ich an einem Poster eines bald erscheinenden Filmes mit dem Titel "Total Recall" vorbei. Die totale Erinnerung, das Komische daran war nur, dass es auf dem Poster keinerlei Anzeichen gab, dass hier ein Herrn Schwarzenegger mitspielt. Es musste sich hier also um eine neuere Version dieses Klassikers aus dem Jahre 1990 sein.

Nun weiss man ja schon, dass Hollywood ab und zu uralte Filme neu verfilmt und damit modernisiert. Soviel zum Thema Kreativitaet. Aber hier wuerde man doch erwarten, dass das Original irgendein Schwarz-Weiss Schinken aus den 50er oder 60er Jahren ist, bei dem man heute aufgrund der damaligen Art der Kamerafuehrung und des Schnittes nach maximal 15 Minuten im Kino einschlafen wuerde. Als Beispiel denke ich hier mal an den Film von 1950 "Vater der Braut" mit Spencer Tracy und Elisabeth Taylor - fuer den ich mich immer zu jung fand. Ich mag nur die Version mit Steve Martin von 1991.

Aber hier reden wir ueber einen Film von 1990, fuer den ich mir durchaus noch ein heutiges Publikum vorstellen koennte. Die Special Effects der Original-Variante werden vielleicht nicht mehr beeindrucken aber uns doch wenigstens auch nicht zum gaehnen bringen. Wieso wird denn von so einem Film jetzt schon ein Remake gemacht? Sind nicht erstmal die 70er Jahre dran? Wo ist denn das Remake von "Saturday Night Fever" - habe ich das verpasst?

Das Ganze hat mich, muss ich zugeben, ganz schoen frustriert. War ich doch bisher der Meinung, man ist nur so alt, wie man sich. Dieser Moment hat mir dann aber doch zu verstehen gegeben, dass man gewissen Anzeichen des Alterns nicht entweichen kann und diese ohne Nachfrage einfach so serviert bekommt. Und das Jahre bevor der Koerper dann schlussendlich auseinanderfaellt und man sein eigenes Spiegelbild nicht mehr sehen will.

Ich koennte jetzt diese Begebenheit einfach vergessen und einfach nicht mehr ins Kino gehen. Auf diese Art koennte ich den Termin des Altseins noch mindestens vier Jahre nach hinten schieben, denn so lange sollte es ja schon dauern, bis dieser Film mal im Fernsehen kommt. Bleibt nur die Frage, was machen wir bis dahin? Denn wir sind eigentlich richtige Kinofans, lieben Filme ohne Werbeunterbrechung und im Grossformat verbunden mit dem richtigen Sound.

Endlich kann ich diesen Post wieder auf das Thema Haus umlenken. Zum Glueck haben wir in unserem neuen Haus ja einen Wohnkeller. Die dort befindlichen Raeume habe ich auch schon fast alle hier beschrieben. Und bisher hatten alle Raeume, die zum Wohnkeller zaehlen, also nicht der Heizungsraum und nicht der eigentliche Keller, eines gemeinsam, es gab da ausreichend Tageslicht. Der naechste Wohnkeller-Raum aber, wird der einzige unterirdische Raum sein. Ein Fenster wird es zwar aus Belueftungsgruenden geben, aber das wird nur zu einem Lichtschacht fuehren. Viel Licht wird es in dem Raum also nicht geben.

Was fuer eine Nutzung koennte so ein Raum denn nun bekommen? Bitte nur um ernstgemeinte Vorschlaege und auch nur solche, die keinen Bezug zu meiner Schwiegermutter haben. Ich suche hier nach einer Anwendung, fuer die es nicht viel Licht braucht. Und wer den oberen Teil des Beitrages gelesen hat, der weiss natuerlich, dass ich hier ueber ein Heimkino nachdenke.

Was, ausser wenig Licht, braucht so ein Raum denn noch, um sich fuer ein Heimkino zu eignen. Gucken wir erst einmal auf den Grundriss. Unten rechts befindet sich also dieser Raum. Das ist weit weg von allen moeglichen Schlafzimmern, gut fuer den Surround Sound und somit schonmal gut.
Weiterhin braucht so ein Raum eine gewisse Laenge. Man will ja nicht mit der Nase vor der Leinwand sitzen. Aus diesem Grund wurde das Fenster dann eben an die westliche Wand verschoben und nicht an die kuerzere Wand im Norden, wo es vielleich besser passen wuerde. Damit haben wir diese Wand dann frei fuer einen grossflaechigen Fernseher oder eine Leinwand und koennen einen Sitzabstand von 4 Metern erreichen. Mehr waere noch besser gewesen, aber laenger ist das Haus nun leider nicht.  


Ich bin mir aber sicher, dass der Platz reichen wird und wer mir das nicht glaubt, der kann gerne mal in die E Kinos auf der Frankfurter Zeil besuchen. Da sind einige Saele sogar noch kleiner. Der Name Saal verbietet sich da eigentlich und dafuer wird sogar richtig heftig Eintritt verlangt. Noch schlimmer ist nur noch das Frankfurter Kino am Turm, da stehen sogar Saeulen mitten im Raum. Wer Pech hat, kann sich also das  Breitwandbild auf zwei getrennten Abschnitten angucken. Es bleibt dabei, gegen solche Art von Kinos wird es unser Heimkino allemal aufnehmen koennen. Wir konkurrieren ja nicht mit dem Kinopolis im MTZ.

Bleibt die Frage nach der Einrichtung. Auch da hat man schon so einiges in echten Kinos gesehen. Es gibt sie immer noch, die Kinos, die eher Restaurants gleichen. Man sitzt also richtig an einem Tisch und guckt nebenbei einen Film. Das endet dann fuer die meisten mit einer Nackenstarre, so richtig Kinostimmung kommt da jedenfalls nicht auf. Besser gefallen hat mir da ein Kino in Frankfurt Bockenheim in denen ausrangierte Flugzeugsessel der ersten Klasse zum Platznehmen einluden. Toll. So richtig mit ausfahrender Beinstuetze und Ausklapptisch. Einziges Problem hier, die Sitze waren aus Leder und somit etwas kuehl. Dann doch lieber die klassische Variante mit viel Pluesch, so wie hier im Bild. Wo sollte ich denn auch alte Flugzeugstuehle herbekommen?



Damit koennte mein heutiger Beitrag eigentlich enden. Wir bauen also ein Heimkino ein und fuegen dem Haus einen weiteren Freizeit-Spass-Faktor hinzu. Das galt als abgemacht und fertig geplant, bis mir im englischen Fernsehen auf einmal die Werbung einer Versicherung in die Quere kam. In dieser Serie von Werbespots zeigen Menschen, was sie alles so fuer verrueckte Dinge in ihre ueberschuessigen Raeume untergebracht haben. Und am besten gefiel mir der Typ, der sich einen absolut echt wirkenden Flugsimulator installiert hat und jetzt von seinem Spare-Bedroom aus die ganze Welt bereist. Ich finde das Bild unten einfach genial. Wer den ganzen Spot sehen moechte, hier ist der Link.


Ist es nicht wunderbar, wenn man in seinem Haus einen Raum haben wird, der sich nicht zum Wohnen eignet? Einen Raum, der foermlich nach einer Zweckentfremdung schreit, der nur zum Spass genutzt werden sollte. Dort koennten Aquarien aufgebaut werden, gross genug, um mit seinen Fischen zu schwimmen. Auch das gibt es in diesen Werbespots zu sehen. Oder komplette Diskotheken im Stil der Siebziger, Bowlingbahnen - wer den Platz hat, warum auch nicht. Oder ein komplettes Formel 1 Auto als Sitzgelegenheit fuer die authentische Rennsimulation.

Natuerlich sind das alles hier nur Hirngespinste, aber der Kreativitaet steht nichts im Weg, Der Kollege oben hat 8 Jahre fuer den Aufbau seines Cockpits gebraucht, die richtig guten Dinge dauern halt etwas laenger. Eine Inspiration ist er auf jeden Fall.  Sollen doch die anderen glauben, wir sind alt, solange wir unserem Spieltrieb freien Lauf lassen koennen, sind wir im Herzen jung. Und nur darauf kommt es schliesslich an.

Donnerstag, 6. September 2012

Schottischer Whisky

Vor vielen Jahren war ich einmal zu einem Firmenevent in die Frankfurter Boerse geladen. Den genauen Anlass habe ich vergessen, ich weiss auch gar nicht mehr, ob es ueberhaupt einen offiziellen Teil bei der Veranstaltung gab.

Woran ich mich aber sehr gut erinnere, war der unterhaltsame Teil. Neben der freien Bar und der Livemusik wurdenn hier in verschiedenen Raeumen Vortraege oder Praesentationen unterschiedlichster Art geboten, die sich alle 20 Minuten wiederholten, so dass man im Rotationsverfahren fast alle davon besuchen konnten.

Es gab da zum Beispiel einen Kartentrickspieler, der uns seine Tricks offenbarte. Nicht dass ich danach in der Lage gewesen waere, einen dieser Tricks nachzumachen, aber beeindruckend war das schon, was man mit jahrelanger Uebung so alles mit Karten trotz Knubbelfingern anstellen kann. Dann gab es noch einen Cocktailmixer, der uns in die Kunst des Shakens einfuehrte. Interessant war auch ein Vortrag eines Vertreters von Bang&Olufsen, der uns ganz ohne akkustischer Demonstration von der Ueberlegenheit seiner ueberteuerten Lautsprecher ueberzeugen wollte. Lautsprecher von B&O kauft man wohl wegen der ansprechenden Gestaltung, der Klang ist dann nur Nebensache bei so einem Designobjekt.

Die meisten anderen Beitraege habe ich leider vergessen, aber ein Vortrag ueber die verschiedenen Single Malt Whiskysorten der schottischen Highlands ist mir dann doch in Erinnerung geblieben. Bei dem durften wir vor einer Tischmatte mit dem Aufdruck der schottischen Landkarte Platz nehmen und Glaeser auf die verschiedenen Destillerie Standorte stellen. Kurze Zeit spaeter befand sich in jedem der Glaeser ein kleiner Schluck dieses herrlichen Gesoeffs und die Reise durch die Classic Malts konnte beginnen.

Was ich nicht ahnen konnte, war der Effekt, den der Genuss von zirka 6 dieser Glaeser auf mein Wohlbefinden fuer den Rest des Abends haben wuerde. Zu spaet fiel mir auf, dass ich der einzige war, der saemtliche Glaeser auch wirklich ausgetrunken hatte. Es war halt meine erste Whiskyverkostung, wobei, wenn ich so drueber nachdenke, auch bei meiner naechsten wuerde ich das wohl wieder machen. So was edles kann man doch nicht wegschuetten!

Nun hatten wir ja schon zuvor die Vorzuege einer freien Bar und auch unsere eigenen Cocktailkreationen testen duerfen. Kurz gesagt, der Rest des Abends wurde etwas lallend lustig. Wie bin ich damals eigentlich nach Hause gekommen, ich weiss es nicht? Aber ich kann mich trotzdem noch sehr gut an den Geschmack von einigen dieser Whisky-Marken erinnern, wurden sie doch vom Verkaeufer auch sehr treffend in blumigen Worten beschrieben. Besonders der eine, bei dem wir aufgefordert wurden, zu benennen, woran uns der Geruch erinnert, faellt mir hier sofort wieder ein. Keiner konnte den Geruch wirklich beschreiben, aber er kam uns doch bekannt vor. Erst als der Gastgeber erwaehnte, dass die meisten bei dem Geruch an ein Krankenhaus denken, gab es ein grosses "Aaahh" im Raum. Lecker.

Aber mir hat es wirklich gefallen und weil ich die Gelegenheit nicht ungenutzt verstreichen lassen wollte, habe ich mich an dem Abend auch gleich auf meine Lieblingsmarke unter den schottischen Highland Whiskies festgelegt. Klingt doch auch irgendwie maennlich, wenn man einen Lieblingswhisky hat. Sich mit den verschiedenen Marken und den Unterschieden zwischen Single Malts und Blends auszukennen, eignet sich doch ganz bestimmt fuer eine spaetere Party, in der man gerade kein anderes Thema zum klugschei**en hat. So dachte ich jedenfalls und habe recht willkuerlich den "Oban" zu meiner Marke erklaert. Der schmeckte mir irgendwie am besten, wohl auch, weil er am wenigstens nach Krankenhaus oder altem Fass roch.

Ich will jetzt ja hier nicht behaupten, dass ich danach zum Whiskykenner mutiert bin. Auch bin ich nicht gleich losgelaufen, um zu versuchen, mir so eine Flasche zu kaufen. Ganz im Gegenteil. Mein neues Expertenwissen wurde irgendwo im Unterbewusstsein geparkt und waere mit Sicherheit irgendwann vom Gehirn als unnuetzer Muell zum Vergessen vorbereitet worden. Wann redet man auf Parties auch schon ueber Whiskies? Vielleicht waere auch irgendwann die Erinnerung an diesen Abend in der Boerse verflossen, wenn wir nicht Jahre spaeter in England gelandet waeren und uns fuer den ersten Urlaub auf den Weg nach Schottland gemacht haetten.

Dieser Urlaub war eine sogenannte B&B Reise, jeden Tag in ein anderes Bed & Breakfast um auf diese Art ganz Schottland zu sehen und zu geniessen und sich zu schwoeren, niemals wieder ein Full English Breakfast anzufassen. Hier kreuzte sich mein Lebensweg nun zum zweiten Mal mit Oban, denn diesmal fiel mir der Name im Strassenatlas auf und sofort kamen die Erinnerungen zurueck.
Oban, eine kleine Stadt an der Westkueste der Highlands, diese gab dann wohl den Namen fuer den Whisky. Die Destillerie liegt mitten im Ort, laut Wikipedia war die Destillerie aber sogar zuerst da und der Ort hat sich um die Gebaeude herum entwickelt. Hat hier also doch der Ort den Namen vom Whisky? Ist ja eigentlich auch egal.


Logisch, dass dieser Brennerei ein Besuch abgestattet werden musste. Der Besuch von mindestens einer Destillerie gehoert zu einem Schottlandurlaub zwingend dazu. Und die Fuehrung durch die Anlagen war um einiges lehrreicher als die Verkaufsveranstaltung damals in Frankfurt. Seit dieser ersten Reise waren wir noch zwei weitere Male in Schottland und sind dabei jedes Mal wieder nach Oban gefahren. Und jedes Mal wird dann naetuerlich auch eine ordentliche Summe im zugehoerigen Shop gelassen.

So auch voriges Jahr, als wir zum vorerst letzten Mal dieser Firma einen Besuch abgestattet haben. Mit dem gleichen Plan wie immer, auch jetzt wieder eine Flasche des 14 Jahre alten Whisky's zu kaufen und diese dann genuesslich im Laufe eines Jahres auszutrinken. Nur dieses Mal kam es etwas anders. Denn es gab ein neues Angebot im Shop, einen Whisky der statt 14 ganze 18 Jahre im Fass verbleiben durfte, nur 5.000 Flaschen wurden abgefuellt und ausser hier im Shop gibt es diese Flaschen nirgendwo auf der Welt zu kaufen. Braucht man denn noch mehr Argumente, dieses Mal etwas tiefer in die Tasche zu greifen um die edlere Variante dieses Genussmittels in das Regal stellen zu koennen?

Nun war ein Whiskytag auch mit der Standardflasche schon immer etwas besonderes. So eine Flasche hat gut und gerne immer mindestens ein Jahr ausgehalten, denn nur wenn alle Umstaende dem idealen Zustand einer typischen Whiskystimmung entsprachen, wurde die Flasche hervorgeholt und das Getraenk in die original Oban Glaeser gelassen. Wieviel besonderer muss also jetzt erst ein Tag sein, damit er den Genuss der doppelt so teuren 4 Jahre aelteren Variante rechtfertigt. OK, gekostet wurde gleich am selben Tag, wir wollten ja wissen, wofuer die ganze Vorfreude gespart werden sollte. Aber danach wurde die Flasche weggepackt, mit dem Versprechen, diese erst wieder hervorzuholen, wenn der Anlass auch wirklich gross genug ist.

Doch wie sollte so ein Anlass nun aussehen? Was fuer Highlights passieren denn wirklich so, die mir als Anlass ausreichen wuerden? Vielleicht gewinnen wir ja im Lotto oder Deutschland holt die EM Krone - mindestens in dieser Groessenordnung sollte so ein Grund liegen. Beides nicht sehr wahrscheinlich und auch seit dem Kauf der Flasche nicht eingetreten. Es sah schlecht aus. Monate vergingen ohne einen einzigen Schluck. Noch nicht einmal die Unterzeichnung des Huf Kaufvertrages hatte als Grund ausgereicht. Sollte ich vielleicht doch nicht so streng mit mir sein? Wird Whisky eigentlich auch einmal schlecht?

Wo bleibt denn nun der naechste magische Tag? Ein Tag, an dem alles passt. Ein Tag, an dem lange gehegte Wuensche wahr werden oder lange erwartete Ereignisse eintreten. Ein Tag, der Tueren in die Zukunft oeffnet und den Weg dahin auf einmal ganz einfach erscheinen laesst. Ein Tag, so wie gestern.

Gestern gab es also die lange erwartete Gelegenheit, endlich die Flasche aus dem Regal zu holen und sich das naechste Glas zu goennen. Denn vor mir lagen zwei grosse Briefumschlaege, die am gleichen Tag bei uns durch den Briefschlitz geschoben wurden. Auf beide Briefe hatten wir seit Monaten gewartet und nun kamen beide am gleichen Tag. In dem einen befand sich mein deutscher Arbeitsvertrag und in dem anderen die ersehnte Baugenehmigung. Na wenn das nicht Grund genug ist.

Was fuer Gefuehlsschwankungen sind wir in den letzten Monaten nicht alle durchlaufen? Zwischen absoluter Vorfreude ueber den baldigen Bau und Umzug bis zu dem Gedanken, was der ganze Mist eigentlich soll und was ich meiner Familie hier eigentlich zumute. Es ging immer hin und her.

Das mit der Baugenehmigung klappt ganz sicher nicht, so ein Haus wird in dem Ort mit so einer strengen Gestaltungssatzung niemals genehmigt - vielleicht ist das ja noch nichtmal baufaehiges Land und ich bin nur einem grossem Irrtum aufgesessen.

Warum sollte mir mein Arbeitgeber denn einen deutschen Arbeitsvertrag anbieten? Hier in England spielt doch die Musik, hier sind die meisten der entscheidenden Funktionen angesiedelt. Und warum sollte mir die Firma einen Job mit 60% Heimarbeit oder mehr ueberhaupt genehmigen. Das Ganze wird alles schlimm enden, ich werde mich mit woechentlichem Pendeln ruinieren und meine Familie und unser schoenes Haus fast nie zu Gesicht bekommen. Und ueberhaupt, wird es meiner Familie denn wirklich dort gefallen, wird diese Gegend trotz derzeit fehlender Deutschkenntnisse irgendwie zur Heimat werden koennen?

All diese Fragen sind mir in den letzten Monaten durch den Kopf gegangen. Hindernisse bauten sich auf, vom totalen Einstellungsstop bei der deutschen Tochter meines Arbeitsgebers, der die Aussicht auf einen Vertrag um Monate in die Zukunft geschoben hat, bis zum Biotop, das fast zur Ablehnung der Baugenehmigung gefuehrt haette. 

Aber hier liegen sie nun, die beiden Dokumente, die die weiteren Schritte auf dem Weg zum eigenen Haus in der alten Heimat ermoeglichen koennten. Zum ersten Mal seit vielen Monaten sieht es also wirklich so aus, als ob aus dem Hirngespinst Realitaet werden koennte.

Es stimmt schon, dass noch weitere Herausforderungen genommen werden muessen. So ein Arbeitsvertrag ist ja noch nicht gleichzusetzen mit einer Finanzierungszusage. Und so eine Baugenehmigung ist ja auch noch kein Haus. Aber darueber habe ich mir in diesem Augenblick erstmal keine Sorgen gemacht. Stattdessen habe ich die Gelegenheit genutzt, mir endlich einen dieser Oban Whiskies einzuschenken, um wenig spaeter den Duft von Heidehonig, Ananas, Nuessen und Rauch zu schnuppern und beim Abrollen ueber der Zunge zusaetzlich noch den Geschmack von Vanille zu entdecken. OK, ich gebe zu, das habe ich von einer Webseite abgeschrieben, ich bin ja eigentlich gar kein Whisky-Kenner. Aber schmecken tut das Zeug. Hoffen wir mal, dass ich bis zum naechsten Glas nicht so lange warten muss.