Montag, 11. Februar 2013

Unser Caravan

Ich hatte am Anfang dieses Blogs ja schon einmal auf die sehr populäre britische TV Show "Grand Designs" hingewiesen. Insbesondere hatte natürlich die Folge mit dem Huf Haus sehr stark zu unserer Huf Haus Folgschaft beigetragen, aber es gibt auch noch so viele andere interessante Episoden in dieser Show. Ich kann mit Recht behaupten, daß wir über die Jahre echte Fans dieser Serie geworden sind, und das nicht erst, nachdem wir selber angefangen haben, über das Bauen nachzudenken. Wie hier Häuslebauer porträtiert werden, ist extrem amüsant und auch für Leute interessant, die mit einem Hausbau eigentlich nichts zu tun haben.

Nun wohnen wir schon seit über einer Woche wieder in Deutschland, im Vertrauen auf Youtube hatten wir aber geglaubt, daß wir auch vom Kontinent ab und zu einmal eine dieser Folgen schauen können. Zu sehen, wie diese zum Teil wirklich recht ungewöhnlichen und ausgefallenen Bauvorhaben am Ende doch irgendwie umgesetzt werden, ist sehr motivierend und rückt eigene Probleme und Sorgen mit dem Bau ganz schnell wieder in den Bereich der Bedeutungslosigkeit. Leider hat Youtube uns in diesem Fall verlassen, nicht nur kann man die Folgen hier auf dem Festland nicht sehen, man findet die noch nicht einmal. Und auch beim Internetangebot des Senders Channel 4 kommt man nicht weiter. Fehlermeldung auch hier.



Das ist nun wirklich schlimm und so langsam kommen die ersten Entzugserscheinungen. Aber zum Glück gibt es ja noch den einen oder anderen Erinnerungsfetzen. Und einen davon habe ich in der letzten Woche mehr als einmal zitiert, bevor ich aber sagen kann, was ich hier meine, muß ich doch noch etwas ausholen.

In meinem letzten Beitrag hatte ich mal kurz das englische Konzept der Property Ladder angesprochen. Dahinter steht die Idee, daß man mit dem Verkauf seiner derzeitigen Immobilie das Grundkapital für die Finanzierung des nächsten Hauses hat. Auf diese Art kann man sich langsam nach oben arbeiten, sich wie auf einer Leiter also immer näher an sein persönliches Ideal eines Hauses hinarbeiten. Das Ganze klappt auch ganz gut, solange die Preise für Häuser immer steigen und wenn man sich von einer zur nächsten gebrauchten Immobilie hangelt. Falls man doch einmal das neue Haus kaufen muß, bevor man das alte verkaufen konnte, dann wird eben einfach der Kredit für kurze Zeit erhöht, die Bank hat ja das alte Haus als Sicherheit. Und wenn es doch mal andersrum kommen sollte, also daß man das alte Haus verkauft hat aber noch nicht in das neue Haus einziehen kann, nun.. solche Leute mieten dann eben für kurze Zeit oder kommen bei Verwandten unter.

Etwas anders sieht es mit dieser Property Ladder aus, wenn man sich auf das Wagnis Bauen einlässt. Hier wird ja oftmals schon viele Monate vor dem Einzug eine ordentliche Summe Geld erforderlich, Geld, daß die meisten Engländer eigentlich nur in ihrer derzeitigen Immobilie stecken haben. Diese zu beleihen wird aber recht schnell eine teure Angelegenheit, reden wir hier ja nicht über Laufzeiten von wenigen Wochen wie beim Kauf von gebrauchten Häusern, sondern immer über Monate und in vielen Beispielen aus der Fernsehserie zieht sich so ein Bau auch über mehr als ein Jahr hin. Besonders interessant sind Fälle, wo die eigene derzeit bewohnte Immobilie für den Neubau weggerissen wird, dieser Typ Bauherr steht dann auf jeden Fall für einige Zeit ohne Haus da. Und weil er ja sein altes Haus weggerissen hat, gibt es auch nichts zu verkaufen oder beleihen, von den Geldsorgen solcher Bauherren lebt die Fernsehserie "Grand Designs". Wäre ja auch wenig unterhaltend, wenn nur ein Projekt begleitet werden soll, in dem von Anfang an alles zu einfach ist und welches ohne Probleme läuft. .

Ich hätte sie mal ermitteln sollen, die Häufigkeit, wie oft es vorkommt, daß Bauherren solcher Grand Designs während der Bauzeit in einem Caravan direkt auf dem Baufeld leben. Es sind bestimmt mehr als die Hälfte. Aber ganz sicher sind uns diese Fälle schon aufgrund der erhöhten Dramatik besonders im Gedächtnis geblieben. Interessant ist hier immer die Argumentation am Beginn des Bauvorhabens. Besonders nahe an der Baustelle zu sein und dabei Kosten zu sparen sind natürlich die Hauptgründe für einen solchen Schritt. Und weil man ja nicht im entferntesten damit rechnet, daß der Bau länger als September oder spätestens Oktober brauchen wird, macht sich auch kaum jemand über die Kälte der nachfolgenden Monate Sorgen. Die Realität ist dann natürlich meistens anders, fast immer bibbern die Familien sich durch den Winter und hadern mit ausgefallenen Heizungen und eingefrorenen Wasserleitungen. Manche schaffen sogar zwei Winter im Caravan, bevor sie endlich in das Haus einziehen können. Zwei Winter neben einem Haus zu frieren, welches vielleicht schon seit Monaten von außen eigentlich richtig gut bewohnbar aussieht. Die Moral dieser Baufamilien ist zum Ende meistens ziemlich dahin.

Es gibt da so einige Parallelen zwischen solchen Grand Designern und uns. Auch wir mussten aufgrund diverser Verzögerungen bei unserem Bauvorhaben unser Miethaus viele Monate vor der Fertigstellung unseres Huf Hauses aufgeben. Und auch wir wollten mit unserer temopären Unterkunft so nahe wie möglich an das Bauland ziehen, um von den Baumaßnahmen möglichst wenig zu verpassen und um die Baukosten durch unnötige Reisetätigkeiten nicht noch zusätzlich aufzublähen. Und auch wir mussten bei der Wahl unserer Übergangswohnung extrem auf die Kosten achten, denn bei der zu erwartenden Doppelbelastung aus englischer und deutscher Miete (in den ersten zwei Monaten) und deutscher Miete und beginnenden Zahlungen aus der Baufinanzierung in den folgenden Monaten gibt es finanziell eigentlich gar keinen Spielraum. Also auch für uns ein Caravan?

So verrückt sind wir zum Glück noch nicht. Eine andere Lösung mußte also her, und diese kam ganz unerwartet und höchst willkommen von unserem zukünftigen Nachbarn und Grundstücksverkäufer, der im Ort gleich zwei Pensionen betreibt. Und in einem dieser Häuser war eine richtig schicke Ferienwohnung frei, komplett mit Küche, Bad und abgetrenntem Wohn- und Schlafbereich. Im Angebot enthalten war die Nutzung des Telefons und des Internets sowie sämtliche Nebenkosten. Einziehen und losleben, kein Stress mit dem An- und kurz danach Abmelden von Strom, Gas und Telekom, traumhaft. Und das Beste, beim Blick aus dem Küchenfenster sehen wir sogar unseren fast fertigen Keller. Kann man noch näher am Geschehen sein? Oh ja, man kann, denn wenn irgendwann einmal in der hoffentlich nahen Zukunft die Huf Monteurkolonnen wieder anrücken, dann sind wir alle sogar im gleichen Haus untergebracht. Noch näher am Bau geht nur, wenn man während des Aufstellens schon im Haus wohnt. Wenn ich bedenke, daß ich mir am Anfang der Bauidee einmal Sorgen gemacht habe, daß ich den Bau von England aus verfolgen muß. Unten ist ein Bild von unserem Wohnzimmer, hier mit zusätzlicher Aufbettung.


Und jetzt leben wir schon seit einer Woche in dieser Wohnung. Zeit also für ein erstes Fazit.

Der Umzug hierher hatte noch ganz unspektakulär mittels Familienkombi stattgefunden. Im Auto befanden sich auch drei illegale Einwanderer, unsere Goldfische, für die war die Reise eventuell am stressreichsten. Aber sie haben es überlebt und schwimmen inzwischen ganz unbekümmert in deutschen Gewässern.

Für die ersten Tage blieb nicht viel Zeit für die Eingewöhnung, es ging gleich mit wichtigen Terminen los. Notar, Schularzt, Küchenstudio, Waschmaschine, Kindergarten, Gebrauchtwagenhändler, Mobiltelefon all das in zwei Tagen ... und ungeplanterweise musste doch noch Internet für die Wohnung organisiert werden. Denn ohne Internet kein Homeoffice - das hätte keinen guten Eindruck beim Chef gemacht, gleich in der ersten Woche. Wir hatten ja freundlicherweise den Zugriff auf das W-Lan des Vermieters bekommen, nur leider wollte sein Router partout keine neuen Geräte ins Netzwerk lassen. Aber auch das scheint jetzt ausgestanden, bei drei Tagen ohne Internetausfall kann man schon von einer gewissen Stabilität sprechen.

Montag war dann der richtige Beginn des neuen Alltags. Unsere Kleine hatte ihren ersten langen Tag im Kindergarten, schon ein mittlerer Kulturschock für sie, die ja in England bereits in der zweiten Klasse war. Ein Kulturschock in vielerlei Hinsicht. Daß die Kinder deutsch sprechen würden, darauf hatten wir sie ja einigermaßen vorbereitet. Aber daß die Erzieherin am ersten Tag tschechisch mit der Gruppe sprechen wird, damit hatte selbst ich nicht gerechnet. Wir sind nunmal jetzt in einem Dreiländereck, schon beeindruckend, wie hier die europäische Einigung durchgezogen wird. Schon toll, daß bei Krankheit einer Erzieherin Kolleginnen aus dem benachbartem tschechischen Varnsdorf einspringen können.

Zu Hause, ja nennen wir es mal so, hatten wir uns jeder eine Ecke in der Wohnung ausgesucht, die wir für die nächsten Monate zu unseren Arbeitszonen machen werden. Ich darf vorne am Fenster sitzen, ich konnte glaubhaft argumentieren, daß es für meine Art Arbeit recht bedeutend ist, Zugriff zu einem Telefon zu haben.Und Schnurlos ist hier nicht, das Telefon ist gefühlte 50 Jahre alt und musste erst mit Hilfe von Google auf das Ton-Wahlverfahren umgestellt werden. Meine Frau hat ihren Platz in der Küche gefunden, für den Satz zahlt man normalerweise einen Euro in die Machokasse, aber es stimmt wirklich. Denn auch in ihrem Beruf arbeitet sie zu 100% von zu Hause, ich weiß jetzt gar nicht, ob ich in diesem Blog schon mal erwähnt hatte, daß sie eine freiberufliche Kinderbuchillustratorin ist?

Unten gibt es den direkten Vergleich der jeweiligen Aussicht. Das erste Bild ist mein Blick vom Schreibtisch. Montags war der Himmel noch recht wolkenverhangen, das änderte sich dann im Laufe der Woche aber sehr zum besseren. Auch wenn man ihn auf dem Bild nicht wirklich erkennen kann, aber ich habe freien Blick zum Skilift und kann inzwischen bestätigen, daß ein Skilift nur dann richtig Sinn macht, wenn man Zeit zum Skifahren hat und nicht die Zeit im Homeoffice verbringen muß. So schön es auch ist, in einer Feriengegend zu leben und zu arbeiten, ein klein wenig Neid kommt schon auf, wenn man nur mit Leuten unter einem Dach lebt, die hier zum Spaß und Sport hergekommen sind. Aber da komme ich schon noch drüber hinweg.Spätestens wenn die Huf Bauer hier sind, dann ändert sich das ja schon.


Im Vergleich hierzu der Ausblick aus dem Küchenfenster. Zugegeben bei besserem Wetter aufgenommen und deshalb natürlich im Vorteil. Interessant finde ich diesen Blick aber vor allem deshalb, weil sich hinter den Bäumen unten im Bild unser Keller befindet.


Ach ja, unser Keller. Über unser Bauvorhaben hatte ich in diesem Post ja noch gar nichts geschrieben. Nun, viel gibt es auch nicht zu schreiben, denn es ist seit November auf der Baustelle nichts Weiteres passiert.
Noch versteckt sich das Bauvorhaben hinter einem Erdwall, der freundlicherweise von Frau Holle weiß eingefärbt wurde und somit gleich viel besser in die Landschaft passt. Oder hättet ihr ihn etwa gesehen, wenn ich Euch nicht darauf hinweise, daß sich im Bild unten dieser Erdwall mit dahinterbefindlicher Baugrube und Keller befindet?


Zum Glück ist der Hang am Haus nur ein Rodelberg und kein Skihang. Das dumme Gesicht des Skifahrers hätte ich gerne gesehen, der den Erdwall unbedingt mit einem Schanzentisch verwechseln wollte und sich einen kurzen Moment später in unserer Baugrube befindet. Anzunehmen, daß er die drei Meter bis zum Keller nicht springend überwinden konnte, denn dafür ist der Schwung hier unten nicht mehr groß genug. Aber dafür haben wir ja eine Bauherrenhaftpflichtversicherung.

Wenn ich gerade noch geschrieben habe, daß sich seit November nichts am Keller geändert hat, dann stimmt das genau genommen nicht. Denn Mutter Natur hat sich der Dämmplatten bereits angenommen und einen Teil davon dem Wind übergeben. Ich möchte schon gerne mal wissen, wie weit die geflogen sind, wiegen ja nicht viel, diese Dinger. Und Sturm gab es in den letzten Wochen hier ganz schön.


Nach einer kurzen Rücksprache mit der Huf Abteilung Kellerbau gab es aber Entwarnung. Das sind gar keine Dämmplatten, sondern nur Verfüllschutzplatten ohne Dämmfunktion. Solange die vor dem Verfüllen wieder an die Kellerwand geklebt werden, besteht kein Grund zur Sorge. Wir werden uns also demnächst mal auf die Suche begeben müssen, wo die denn nun abgeblieben sind. Ich besorge mir aus dem Grund dann am besten mal die Statistik der in den letzten Wochen so vorherrschenden Windrichtungen und stelle mich auf eine längere Wanderung ein. Oder wir nehmen einfach die Platten, die wir im Keller gefunden haben. Die gehen auch.

Wenn wir so auf den Schneefall der letzten Tage gucken und uns den Wetterbericht anhören, dann wird sich aber auch wirklich in naher Zukunft nicht viel auf dem Bauland tun. Auf Schnee kann man ja keine Erde zwecks Verfüllen schütten. Und Tauwetter ist nicht in Sicht. Und wenn es dann irgendwann einmal taut, dann ist das Ganze gleich wieder so ein Matsch, der sich auch nicht zum Verfüllen und späteren Verdichten eignet. Den Februar werden wir also von keinerlei Fortschritt auf der Baustelle berichten können. Und glauben wir der Wetterstatistik, dann gilt das gleiche vielleicht sogar auch noch für den größten Teil des März.

Insbesondere in den grauen wolkenverhangenen ersten Tagen hier in der Pension hat dieser Umstand zumindestens bei meiner Frau für etwas Frust gesorgt. Sie kann es kaum erwarten, daß dieser Schnee endlich verschwindet und die Zeit in der temporären Wohnung so kurz wie möglich ist. So schön, wie diese Wohnung auch ist, aber dafür sind wir ja nicht aus England hierher gezogen. Sie ist eben doch für Urlauber gedacht, die hier maximal eine oder zwei Wochen verbringen, bei uns werden es wohl mindestens fünf Monate werden. In solchen Momenten ziehe ich dann schon mal das Argument, daß wir es noch ganz gut getroffen haben. Denke immer daran, es geht anderen in einer ähnlichen Situation doch viel schlimmer. Denke immer an den Caravan aus der "Grand Designs" Serie. Meistens bekomme ich hier ein zustimmendes Nicken.

Bis dahin werden wir einfach das Beste aus der Situation machen. Schnee, vor allem im Verbund mit der Sonne der letzten Tage, ist doch nun wirklich etwas Wunderschönes. Und wenn man bei solchem Wetter auch noch mit dem Schlitten zum Kindergarten fahren kann, dann hat man die Tochter sowieso ganz schnell auf seiner Seite.Und wenn es erstmal der Tochter gefällt, dann wird die liebe Frau schon irgendwann folgen.


Der heutige Tag, den wir fast vollständig  in der wilden Natur beim Gaudirodeln inklusive Dauerbeschallung mit feinster Musik deutscher Hochkultur verbrachten, hat die Stimmung jedenfalls gewaltig verbessert. Vielleicht brauche ich das Caravan Argument ja nun gar nicht mehr. Wozu doch Lieder wie "Ich hab ne Zwiebel auf dem Kopf, Ich bin ein Döner" so alles gut sind.